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Friedenswanderung durch Essen-West

Friedenswanderung durch Essen-West

„ICH WILL, DASS IHR IN FRIEDEN LEBT. FÜR DIE OPFER IN SCHWERER ZEIT. 3. MAI 1945“

Am Sonntag, 21. November 2021 fand unsere Friedenswanderung im Bezirk Essen-West gemeinsam mit der SPD Frohnhausen/Altendorf statt. 

vrnl: Hemalatha Grundmann, Vorsitzende Naturfreundejugend Essen, Simon Grundmann, Vorsitzender NaturFreunde Essen-West, Jutta Pentoch, Ratsfrau für Frohnhausen, Klaus Persch, stellv. Bezirksbürgermeister, Julia Kahle-Hausmann, Ratsfrau & Landtagskandidatin für die Landtagswahl 2022, Ali Kaan Sevinc, Vorsitzender SPD Frohnhausen/Altendorf.

Treffpunkt und Start der Friedenswanderung war um 11:00 Uhr am Altendorfer Friedenskreuz, in der Nöggerathstraße. Nach der Begrüßung durch die beiden Vorsitzenden der SPD und der NaturFreunde hat der Vorsitzender der NaturFreunde Essen-West, Simon Grundmann, zur Andacht gesprochen. 

Altendorfer Friedenskreuz in der Nöggerathstraße.

Am 03. Mai 1945 - bereits fünf Tage vor der Befreiung Deutschlands durch die Kapitulation am 8. Mai in Berlin, mit der der 2. Weltkrieg sein Ende fand - errichteten Überlebende ein Friedenskreuz. Vor diesem Mahnmal reichten sich damals Deutsche aus Altendorf und Frohnhausen, Kriegsgefangene aus der damaligen Sowjetunion, Zwangsarbeiter aus Polen, Frankreich und anderen Staaten zur Versöhnung die Hände und beteten gemeinsam. Auf Überreste von Patronenhülsen - später durch einen Gedenkstein ersetzt - gravierten sie damals die Worte: „ICH WILL, DASS IHR IN FRIEDEN LEBT. FÜR DIE OPFER IN SCHWERER ZEIT. 3. MAI 1945“

Vom Friedenskreuz ging es zu den ehem. Kriegsgefangenenlager: Grunert Tunnel, Raumerstraße und Hamburgerstraße.

Gedenktafel an der Raumerstraße.

Während des 2. Weltkrieges befanden sich in Essen zahlreiche Kriegsgefangenenlager. Im Lager an der Raumerstraße wurden bis zu 1.500 sowjetische Kriegsgefangene zusammengepfercht. Die Gefangenen litten unter menschenunwürdiger Behandlung, an Unterernährung und unzureichendem Bombenschutz. Sie wurden in den Kruppschen Betrieben zur Zwangsarbeit eingesetzt. Im September 1943 beschäftigte die Fried. Krupp Großstahlfabrik mehr als 13.000 Kriegsgefangene und ausländische Zivilarbeiter:innen.

Lager Hamburger Straße mit Splitterschutzgräben (Aus: Zeitschrift der Kruppschen Betriebsgemeinschaft, 35. Jg., Nr. 7, 1. April 1944)
Gedenktafel an der Hamburgerstraße. vlnr: Klaus Persch, stellv. Bezirksbürgermeister, Simon Grundmann, Vorsitzender NaturFreunde Essen-West, Ali Kaan Sevinc, Vorsitzender SPD Frohnhausen/Altendorf, Jutta Pentoch, Ratsfrau für Frohnhausen.

Ein weiteres Lager wurde auf den städtischen Sportplätzen an der Hamburgerstraße errichtet und im Januar 1943 in Betrieb genommen. In neun Wohnbaracken waren mehr als 600 Frauen und ihre Kinder untergebracht. Das Lager wurde bei einem Bombenangriff im 27. April 1944 vollständig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Von den 315 überlebenden Kriegsgefangenen wurden 170 im Grunert Tunnel einquartiert.

Grunert Tunnel.

Einige Nachbar:innen aus der Hirtsiefersiedlung erkannte dabei die drohende Gefahr. Sollte eine Bombe in der Näher der beiden Tunnelgänge niedergehen, würde der Tunnel zu einem Massengrab. Sie bauten einen stillgelegten Luftschacht an der Zeche Hagenbeck zu einem Luftschutzbunker um. Genau in diesem Bereich ging am 25. Oktober 1944 gegen 15:00 Uhr eine Bombe nieder, die einen Teil des Bunkers zum Einstürzen brachte und mehreren Menschen das Leben kostete.

Von den Gedenkstätten der ehem. Kriegsgefangenen Lager ging es zum Stolperstein in die Lüneburgerstraße.

Anschließend ging die Friedenswanderung von der Hamburgerstraße weiter zur Lüneburgersteraße, dort wurde 2017 ein Stolperstein für Artur Hammer verlegt. Artur Hammer war ein ein ehemaliges SPD-Mitglied. Der Vorsitzende der SPD Frohnhausen/Altendorf, Ali Kaan Sevinc, in einer bewegenden Rede an den ehem. SPD Genossen erinnert.

Ali Kaan Sevinc, Vorsitzender SPD Frohnhausen/Altendorf, Simon Grundmann, Vorsitzender NaturFreunde Essen-West, Julia Kahle-Hausmann, Ratsfrau & Landtagskandidatin für die Landtagswahl 2022.
Artur Hammer, geboren am 30. Mai 1884 in Leipzig, kam schon als junger Mann aus Sachsen nach Essen. Er lebte mit seiner Ehefrau Maria geb. Ewert und den Söhnen Artur und Günter in der Lüneburger Straße 8. Artur Hammer war, laut Ernst Schmidt, Mitglied der SPD und die Ideen des Sozialismus hatten ihn zu einem überzeugten Pazifisten gemacht. Als der Ausbruch des Ersten Weltkriegs absehbar war, ging er in die neutralen Niederlande, um nicht mit der Waffe kämpfen zu müssen. Während des Krieges sympathisierte er mit der "Internationale", dem späteren Spartakusbund. Ihre Mitglieder um Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Karl Liebknecht, Franz Mehring und anderen traten gegen die Bewilligung der Kriegskredite im Deutschen Reichstag ein. Bei Kriegsende kam Artur Hammer nach Essen zurück. Er war Mitglied des Essener Arbeiter- und Soldatenrats, Delegierter auf dem Gründungsparteitag der KPD in Berlin 1918/19 und gründete mit anderen die "Kommunistische Arbeiter-Partei" in Essen. Auf dem III. Parteitag der KPD in Karlsruhe 1920 wurde er als Kandidat in die Zentrale der KPD gewählt und war Delegierter auf dem Vereinigungsparteitag der KPD mit der USPD 1920 in Berlin. Ab 1919 war Artur Hammer auch führend in der Freien Arbeiter-Union tätig, die 1921 in der Union der Hand- und Kopfarbeiter aufging. Zeitweise war er verantwortlicher Redakteur des UdHuK-Zentralorgans Union. 1923 kam es zu Auseinandersetzungen mit der KPD und die Partei schloss ihn aus. Er hatte gegen die Überführung der Udhuk in den Deutschen Metallarbeiter-Verband d. h. in die Freien Gewerkschaften opponiert. Anschließend war er noch gewerkschaftlich tätig und arbeitete als Buchhändler und Vertreter. Gegen Ende der Weimarer Republik sympathisierte er mit der SPD und trat 1931 der "Eisernen Front" bei. Vor der Reichstagswahl am 29. März 1936 erhielt Artur Hammer Besuch zwecks Überprüfung, ob er in der Wählerliste stünde. Zunächst verweigerte er den „Hitlergruß“. In der anschließenden Diskussion äußerte er sich kritisch über Adolf Hitler und dessen Politik. Das wurde der Gestapo in Essen gemeldet. Am 26. März 1936 wurde Artur Hammer verhaftet, der Haftbefehl am 28. März ausgestellt. Die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen Verstoßes gegen das "Heimtückegesetz" erfolgte am 7. August 1936 durch das Sondergericht Dortmund in Essen. Artur Hammer wurde ins Polizeigefängnis Bochum überführt. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis am 26. September 1937 fand er in seinem Beruf keine Arbeit mehr. Der Ausschluss aus der Reichsschrifttumkammer 1939 machte ihm die weitere Berufsausübung endgültig unmöglich. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde im September 1939 über zahlreiche politische Gegner des Nationalsozialismus erneut Schutzhaft verhängt. Auch Artur Hammer wurde am 11. Oktober 1939 wieder verhaftet. Nach zwei Monaten Polizeigefängnis Essen überführte man ihn in das Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er bis zu seiner Verlegung in das schlesische Konzentrationslager Groß-Rosen am 16. März 1942 blieb. Am 6. April 1942 wurde Artur Hammer in Groß-Rosen ermordet, obwohl als amtliche Todesursache "Herzinsuffizienz und Kreislaufschwäche" angegeben wurde, wie das Telegramm an seine Ehefrau Maria belegt.

Der Abschluss der Friedenswanderung fand - unter Einhaltung der 3G-Regel - bei einem weiteren Austausche in den Räumlichkeiten der AWO Essen-Frohnhausen in der Dahnstraße statt. Es ist allen Beteiligten klar, so etwas darf nie wieder gesehen und wir müssen alles dafür tun, die erschreckenden Gräueltaten dieser Schreckensherrschaft stets wachsam zu halten. 

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